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Tobias Stengel

Das Abrollen eines Würfels im Sand stellt eine Brücke dar. Jeder Abdruck dokumentiert meine innere Spannung. Jeder Abdruck verbindet den Raum mit der Fläche, den Gedanken mit Materie, Emotion mit Rationalität, konvex mit konkav. Jeder Abdruck wird ablesbar am erstarrten Wachs, das in die Negativform des Sandes gegossen wurde. Es verharrt in dieser Form bis es wieder eingeschmolzen wird und eine andere Situation ausfüllt.
Tobias Stengel 27.11. 1994


Über einen langen Zeitraum hinweg, für mehr als eine Dekade, hat sich Tobias Stengel in seiner künstlerischen Arbeit einem selbstauferlegten System unterworfen. Eine ernste, sehr disziplinierte Aufgabe! Mit fast obsessiv - doch welche Kunst ist das nicht? - zu nennender Akrebie widmete er sich den Explikationen einer Geometrischen Grundfigur: denen des Würfels. In seinen „Varianten des Würfels“ untersuchte Tobias Stengel ganz systematisch die verschiedenen Methoden, diesen Körper auf einer Fläche abzurollen. Wie war es zu dieser strengen Werkanlage gekommen, die in ihrer Konsequenz beinahe die Anlage zum Lebenswerk im Sinne von On Kawara oder Roman Opalka in sich getragen hätte? Der studierte Bildhauer machte ein plötzlich aufgetretenes, irrationales Misstrauen gegenüber herkömmlicher Bildproduktion für den damaligen Umbruch verantwortlich und erklärt: „Nach und nach erschien es mir immer willkürlicher, was für Bilder gemacht werden. Ich wollte für mich selbst den Punkt erreichen, von dem aus ich jeden Schritt kontrollieren konnte.“ Genau das versprach der gewissermaßen wissenschaftliche Umgang mit dem Kubus - hier gab es keine emotionalen Entgleisungen, sondern nur die überschaubare Menge von 40 verschiedenen Möglichkeiten, als sogenannte Module katalogisiert. Aus diesen Fundament und in verschiedenen bildnerischen Medien wie etwa Wachsguss, Stempeldruck oder Kopierverfahren entstanden kalkulierbare Reihungen bzw. Grunduntersuchungen, die ästhetischen Reiz aus ihren strukturellen Verzweigungen und natürlich aus ihrer Materialität bezogen.


Im Grunde genommen hat Tobias Stengel die ganzen Jahre gleichsam mit dem Würfel gemalt und je größer seine Bildanlagen wurden, desto mehr verschwand die rationale Einzelform wieder in einem opulenten Ornament. Gleichzeitig wurde dem Künstler klar, dass das Ausschalten können von Subjektivität eine Illusion ist; eine Illusion, der mittlerweile selbst die Naturwissenschaften nicht mehr anhängen. Derlei Erkenntnissen jedoch ging eine prozessuale Aneignung voraus, dir - wie es die Würfelmodule in metaphorischer Vernetzung verkörpern mögen - von einer interdisziplinären Kooperation zwischen dem Künstler, einem Mathematiker und einem Komponisten gekrönt wurde. Diese Zusammenarbeit im Zeichen der „Variationen des Würfels“ steht modellhaft für ein kreatives Experiment, das versuchte, objektiv zu sein; seine größte Faszination dann jedoch wieder in seiner Subjektivität entfaltet. Unter diesem Vorzeichen war eine graduelle Rückkehr Tobias Stengels zum Bild, das nicht von vornherein einem Strukturprinzip unterworfen ist, geradezu folgerichtig.


Doch auch in den neuen Blättern, in denen das bisherige System und dessen Gegenstand verlassen wurde, tauchen gelegendlich Würfelstrukturen als kristalline Wucherungen auf. Von ähnlicher vertrauter grafischer Dichte sind kartografische Pläne, die die aktuellen Montagen bisweilen als Fond grundieren. Zwar bildet die schematische Darstellung von Landschaften oder von besiedelten Gebieten eine individuelle Situation ab, kommt aber in ihrer rationalen Grafik den Präferenzen von Tobias Stengel entgegen. Diese Verweise garantieren Bildstabilität, jene Sicherheit, für die so lange allein der Kubus zuständig war. In dem Blatt „Katzengold“ wird ein Kristall des betreffenden Minerals, nämlich Glimmerquarz, ausgefaltet. Neben der Reminiszenz an vergangene Ausfaltungen konterkariert es als Mikrokosmos die unterliegende makrokosmische Karte. Anders als der Würfel zeichnen sich die Minerale, deren Grundbausteinein neuer Untersuchungsgegenstand des Künstlers sind, durch höhere Differenziertheit aus - sind, kurzum, individueller. Als interessante Grundmuster für komplexe Ausfaltungen währen auch sie denkbar, doch viel lieber lässt sie Tobias Stengel als kurze Zitate in seinen Montagen aufscheinen, gemeinsam mit lapidaren Bild - Trouvaillen und Schriftzügen.

Susanne Altmann

www.galerie-spermann.de

www.pulz.de/galerie/stengel/tobias

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